Karey Patterson Bresenhan (Hrsg.): Creative Quilting – The Journal Quilt Project
Unter “Journal Quilts” versteht man Quilts, die als eine Art von Tagebuchseiten entstehen, wobei es zunächst der Quilterin überlassen ist, in welchen Abständen und zu welchen Anlässen sie aktiv wird.
Die amerikanische Quiltkünstlerin Jeanne Williamson beispielsweise machte sich an einem Neujahrstag Gedanken darüber, wo und wie sie sich selbst eine Gelegenheit dazu schaffen könnte, um mit neuen Ideen, Materialien und Techniken zu experimentieren und zu improvisieren. Sie fand für sich einen persönlichen Modus und Rhythmus: Jede Woche im Jahr 1999 wollte sie einen kleinen Quilt nähen, bei dem einzig das Format von vorneherein festgelegt sein sollte. Alles weitere – wie Thema, Technik, Tag der Anfertigung – ließ sie offen. Zweck des ganzen war, zu experimentieren und zu spielen, womit sie sich selbst von dem Druck, dass unbedingt etwas Schönes, Zweckmäßiges o.ä. entstehen müsste, befreite. Dies hielt die Künstlerin sieben Jahre lang durch und machte dabei die Feststellung, dass sich zunächst die Themen und Techniken immer wieder änderten und ihr künstlerisches Schaffen beeinflussten, sich ihre Kreativität steigerte, die Ideen nur so hervorsprudelten und sich die Qualität ihrer Arbeiten immer weiter verbesserte. Kein Wunder, dass sie sich auf die Herstellung immer des nächsten Quilts freute!
Nun war Jeanne Williamson auch Mitglied bei einer Mailing-Liste (www.quiltart.com), wo eines Tages eine Diskussion über Journal Quilts begann. Sie teilte ihre Erfahrungen mit und schließlich beschloss eine Gruppe von Quilterinnen, jeden Monat einen Journal Quilt anzufertigen. Damit begann 2002 das erste Journal Quilt Project, nicht als Wettbewerb, sondern als Gelegenheit, sich selbst und die Möglichkeiten auszuprobieren. Die Projekte waren für weltweit teilnehmende Quilterinnen, Anfängerinnen wie Fortgeschrittene, offen, die sich damit einverstanden erklärten, jeden Monat einen Quilt im Format des US-Schreibpapiers (8,5“ x 11“) anzufertigen. Diese Quilts wurden dann jedes Jahr bei den Internationalen Quilt Festivals in Houston und Chicago ausgestellt.
Über die Jahre schufen knapp 1000 Künstlerinnen (davon nahmen jedoch nur 15 jedes Jahr teil) rund 6000 Journal Quilts. Über 400 davon kann man im vorliegenden Buch bewundern und anhand der beigefügten Kommentare an Freud und Leid, an familiären und öffentlichen Ereignissen, an allem, was die Quilterinnen bewegte, teilnehmen (Kenntnisse der englischen Sprache vorausgesetzt). Da es sich ja in erster Linie um Experimente handelt, sind die Quilts nicht perfekt – aber um so reizvoller. Es verwundert nicht, dass es auf diese Weise mancher Quilterin gelungen ist, Kontakte zu finden, zu verkaufen, zu Ausstellungen oder als Kursleiterin eingeladen zu werden. Und wie sich die Türen für manche Quilterin nach außen öffneten, so öffneten sie sich auch nach innen: das Selbstvertrauen, die künstlerischen Fähigkeiten und Ausdrucksweisen, die Sicherheit entwickelten sich und wuchsen.
Die Herausgeberin des Bandes, Karey Patterson Bresenhan, hat die darin vorgestellten Quilts in sieben verschiedene Themen umfassende Kapitel geordnet. Die hervorragend fotografierten Farbbilder sprechen für sich und geben einen guten Querschnitt durch das Schaffen der letzten Jahre wieder. Darunter findet man auch bekannte Namen, aber der überaus größte Teil sind Quilterinnen wie du und ich – aber eben mit sehr interessanten Ideen und dem Mut, sie zu zeigen.
Das 272 Seiten umfassende Buch – eigentlich ein Kompendium – wird durch ein Verzeichnis der Künstlerinnen und Literaturangaben ergänzt und abgerundet. Es ist eine sehr gute Empfehlung für alle, die gerne blättern und Inspirationen suchen, für alle, die sich für das zeitgenössische Schaffen auf dem Gebiet der Art Quilts interessieren.
Karey Patterson Bresenhan (Hrsg.): Creative Quilting – The Journal Quilt Project, Qilting Arts LLC, Stow 2006,
ISBN 0-9766928-3-X, ca. 31,- EUR