DOROTHEA FISCHBECK-HORACEK -

 FASZINIERENDES AUS FILZ

 

 

Bei ihrem Stand musste ich einfach stehen bleiben: Einige etwa 60 cm hohe, ganz außergewöhnliche Frauenfiguren aus Filz zogen meinen Blick an. Das fanden auch zahlreiche andere Besucher, die sich vor dem Angebot drängten, und so konnte ich mit Dorothea Fischbeck-Horacek aus Springe nur ein paar kurze Sätze wechseln. Aber sie erklärte sich spontan bereit für ein interessantes Interview, das wir per E-Mail-Austausch zustande brachten.

 

 

Gudrun Heinz: Ich traf Sie im Juni 2007 bei der Textile Art in Berlin, einer Veranstaltung, die auch Gelegenheit zum Verkauf bietet. Bei Ihrem Stand fielen mir als erstes Ihre Filzfiguren ins Auge. Wie kamen Sie auf diese tolle Idee? Was hat Sie inspiriert?

Dorothea Fischbeck-Horacek: Die eigenen Vorlagen in Form von Seidenmalerei - grafische Malerei - das war 1999. Ich war bis 2001 immer auch als Ergotherapeutin tätig und hatte über zehn Jahre, bis 1999, das Malen auf Seide praktiziert.

 

G.H.: Die Vorlagen/Entwürfe für die jetzigen Filzfiguren sind also schon damals entstanden und werden seither variiert bzw. für die Filztechnik angepasst?

D. F.-H.: Anders formuliert: Eine Grundidee speziell für die Filzfrauen ist aus der figürlichen Seidenmalerei hervorgegangen.

 

G.H.: Arbeiten Sie nach Entwürfen? Arbeiten Sie gerne in Serien?

D. F.-H.: Drei Skizzenbücher, verstreut an drei Plätzen. Wenn mir dann eins in die Hände fällt, gerade zum Zeitpunkt meines Einfalls ... dann stehen die Chancen für einen Entwurf gut. Wenn nicht, reicht die Idee bis zur Umsetzung und verliert sich schließlich im All. Die Arbeiten lassen keine Serien zu. Die Schablone zerreißt beim Entnehmen - feste Vorlagen sammle ich nicht.

Meine Erinnerung bedient sich manchmal der schon gearbeiteten Farbkombinationen und Muster - doch viel entscheidender ist da der Kunde/die Kundin - die nämlich wünscht sich auch mal eine gute Kopie der bereits vergebenen Filzfigur. Grundsätzlich lasse ich mich auf solche Wünsche ein.

 

G.H.: Sind Sie Mitglied in einer Gruppe? Welche? Wenn ja, beeinflusst die Gruppe Ihr Schaffen?

D. F.-H.: Ich bin Mitglied von „Kunst im Bahnhof“, Springe. Zu den jährlichen Mitgliederausstellungen gibt es teilweise Themen - in jedem Fall hat mich das auch zu anderen Filzarbeiten angeregt.

 

G.H.: Haben Sie Vorbilder, z.B. Lieblingskünstler o.ä. Wird Ihre Arbeit dadurch beeinflusst?

D. F.-H.: Es gibt viele gute Künstler und Kunsthandwerker - durch die Ausstellungen kann ich meine eigene Begeisterung für deren Arbeiten erleben. In der bildenden Kunst sehe ich meine Vorlieben im Stilleben und der Portraitmalerei durch die Jahrhunderte. Durch den Erfolg mit meinen Filzfiguren - über die Jahre - ergibt sich das Dranbleiben, an dem, was zunächst meine Figuren charakterisiert und damit wiedererkennbar macht. Das nächste ist vielleicht die Variationslust - und die scheint durchs tägliche Arbeiten täglich angeregt zu werden - also, viele Ideen durch viele Arbeit. Andere Projektideen schlummern ...

 

G.H.: Sie filzen täglich – oder so gut wie?

D. F.-H.: Bis 2001, bis zur Geburt meines dritten Kindes war ich als Ergotherapeutin tätig. Seither filze ich fast täglich, dazu zählen natürlich auch die logistischen Aspekte der Filzarbeiten.

 

G.H.: Sie lassen es so zwischen den Zeilen durchklingen: Sie haben Kinder? Interessieren die sich auch fürs Filzen?

D. F.-H.: Wir haben zwei Söhne (12 und 11 Jahre alt) und eine Tochter (6 Jahre alt). Meine Kinder haben es sich nicht nehmen lassen, mitzufilzen. Im Laufe der Jahre haben sie sich wieder mehr für das Malen und Zeichnen entschieden. Mein Arbeitsplatz wird akzeptiert. Filzen mit den Kindern findet nicht zeitgleich statt.

 

G.H.: Ihre Figuren bestehen aus Filz. Erzählen Sie doch was über die Technik, z.B., ob die Figuren hohl gearbeitet sind, an einem Stück oder in Teilen usw. Welches Material kommt zum Einsatz?

D. F.-H.: Am Anfang liegt ein Haufen Wolle (Schafwolle, Pflanzenfasern, Mohair, Seide ...) zugrunde; dann wartet diese auf ihren und meinen Einsatz: Man nehme warmes Seifenwasser ... es entsteht ein so genannter Hohlfilz, die Zauberei ohne Naht. Wolle verbindet sich, verfilzt durch das manuelle Bearbeiten. Wolle verbindet sich nicht mehr, wenn sie bereits verfilzt ist. So nutze ich beide Wege, um zum Ergebnis zu kommen. Meine Figuren entstehen also mittels Schablonentechnik, d.h. in einem Stück, aber durch mehrere Arbeitsschritte.

 

G.H.: Gibt es bestimmte Materialien oder Farben, die Sie besonders ansprechen? Gibt es etwas, was Sie gar nicht mögen? Färben Sie selbst?

D. F.-H.: Die Liste der Materialfavoriten wird länger ... das Angebot durch die Hersteller wird auch größer. Farbkombinationen, die für mich eine Spannung erzeugen, mag ich: rost –türkis, grün – rosa, weiß – beige ... auch die gefälligen mag ich: rot – orange, blau – grün, weiß - grau. Gar nicht geht: blau – rot, gelb – rot, schwarz – violett. Selber färbe ich nicht.

 

G.H.: Die Figuren in Berlin waren alle „weiblich“, wie ich aus Kleidung, Frisuren, den Attributen schloss. Gibt es auch „männliche“ oder „phantastische“? Gibt’s „Schnittmuster“ für die Kleidung?

D. F.-H.: Es gibt immer den Mann auf Wunsch. Es gab eine Häsin. Es gab einen Fuchs und ein Schwein ... eben auf zwei Beinen. Und wenn ich mal phantastisch viel Zeit habe, dann gibt es viel mehr. Für eine Frauenarztpraxis ist ein Mobile aus fünf schwebenden Frauen entstanden. Das Auge der Schnittmustermeisterinnen darf alles aufnehmen - völlig gratis. Meine letzten Schnitt-Künste auf der Nähmaschine habe ich in den 80ern diesen Pumphosen angetan.

 

G.H.: Wie viel Gramm Wolle verarbeiten Sie durchschnittlich für eine Figur?

D. F.-H.: Die wirkungsvollen Größen liegen bei 55 cm und erreichen bei 75 cm eine gewisse technische Grenze. Zwischen 200 und 400 Gramm dürften die Figuren ohne Füllwolle wiegen.

 

G.H.: Wie lange arbeiten Sie durchschnittlich an einer Figur?

D. F.-H.: Ich bin in der Filzerei belastbar, möchte aber keine falschen Vorstellungen wecken. Von 2001 bis heute habe ich ca. 150 große Filzfiguren geschaffen ...wenn man das also teilt ...

 

G.H.: Könnte man sagen, dass so etwa 20 große Figuren pro Jahr entstehen?

D. F.-H.: Ich denke, es sind etwas mehr ...

 

G.H.: Sie fertigen diese Figuren ausschließlich zum Verkauf an? Wollen Sie etwas über die Verkaufspreise verraten? Und wo kann man die Figuren sehen und kaufen?

D. F.-H.: Die Preise liegen zwischen 160 und 350 Euro.

Unter der Adresse www.amagiba.de kann man für dieses Jahr die Ausstellungstermine erfahren - und Bilder gibt es dort auch zu sehen. An Interessierte verschicke ich eine CD, mit einer Auswahl von Bildern meiner Arbeiten.

Die Vorstellung und die Tatsache, dass meine Figuren schon so weit gereist sind, bis Taipei ... erfreut mich. Um 2001 lebte eine meiner Schwestern in dieser Stadt und wollte einem Kreis kunstinteressierter Bekannter meine Arbeit vorstellen. Aber um die Ecke ist mir genauso lieb.

 

G.H.: Wie lange filzen Sie? Erzählen Sie mir doch was über den Hintergrund und die Anfänge.

D. F.-H.: Seit 1999. Auf einer entsprechenden Veranstaltung habe ich kunsthandwerkliche Seidengrafiken zum Verkauf angeboten. In meiner Nachbarschaft: Filz. Wirklich zum ersten Mal hab ich diesen Werkstoff näher gesehen: Hüte, Bälle ... Faszination ... besonders für den kleinen, bunten Ball mit Rasseleinlage. Am Stand lagen Flyer mit einem Kursangebot: Wir filzen einen Nikolausstiefel. Das wars. Ich filzte einen Nikolausstiefel, meine Schwägerin netterweise einen weiteren für das zweite Kind. Dem folgte ein Filzzelt für die Playmofiguren und etwas, was ich damals „Hut“ nannte. Dann gab es noch zwei Filzercamps in der Altmark, das muss 2000 und 2003 gewesen sein, wo viele Filzer und Filzerinnen sozusagen unter freiem Himmel einen regen Austausch hatten.

 

G.H.: Seit wann sind Sie bei Textilkunstmessen vertreten? Verkaufsausstellungen?

D. F.-H.: Die erste Ausstellung: Grassimesse 2002 in Leipzig. Die erste Sorge: „Jetzt könnte es weitergehen, aber wie?“ verflog mit dem Angebot, an einem wunderbaren Weihnachtsmarkt in Schloß Moyland teilzunehmen. Alles weitere ergab sich durch die Pflichterfüllung, für die nächste Ausstellung gut vorbereitet zu sein. Und so sind es heute etwa sechs größere Ausstellungen im Jahr - nicht mehr - an denen ich teilnehme.

 

G.H.: Außer den Figuren filzen Sie bestimmt noch anderes ... was?

D. F.-H.: Schmückendes, Schimmerndes, Schönes ... Ringe, Leuchter, schooon mal auch ne Tasche ... Elfen und Engel.

 

G.H.: Sind Sie noch auf weiteren textilkünstlerischen Gebieten vertreten? Nähen Sie z.B. oder ...?

D. F.-H.: Ich beginne mit gefilzten „Papieren“ zu arbeiten. Und ich beginne auf Filz zu drucken. Ich könnte behaupten, Perlen geduldsartig auf die Flügel meiner Elfen nähen zu können - kann ich auch.

 

G.H.: „Gefilzte Papiere – auf Filz drucken“ – wie kann man sich das vorstellen? Besonders das erste finde ich hochinteressant.

D. F.-H.: Ich stelle einen sehr dünnen Filz her, den ich dann durch Zusatz einer Leimart in eine elastische Festigkeit bekomme und durch eigene Technik beliebig zwei- oder dreidimensional bearbeite. Für das Drucken auf Filz eignen sich Holzmodel in einfacher Ornamentik. Meine Gestaltung ist weniger an der herkömmlichen Blaudrucktechnik orientiert als sehr frei in der Anordnung der Muster.

 

G.H.: Geben Sie Kurse? Wann, wo?

D. F.-H.: Zweimal im Halbjahr. Kunst im Bahnhof, Springe: www.kib-springe.de

 

G.H.: Könnten Sie ohne Textilkunst leben?

D. F.-H.: Ja, aber etwas weniger angenehm.

 

G.H.: Könnten Sie von Textilkunst leben?

D. F.-H.: Ja, wenn ich jemanden hätte, der geduldsartig Perlen auf die Flügel meiner Elfen nähen könnte ...

 

G.H.: Gibt es noch Zeit für andere Dinge?

D. F.-H.: Immer, aber nicht immer, wenn ich es möchte. Kein Geheimtipp mehr unter den Handwerkerinnen ist das Hörbuch. Ein Geheimtipp von mir ist das Hörbuch: Wellen-Eduard  von Keyserling.

 

G.H.: Zukunftspläne?

D. F.-H.: Weitermachen ... Ideengeber sein dürfen.

 

G.H.: Habe ich was Wichtiges vergessen, Sie zu fragen? Was möchten Sie unbedingt noch loswerden?

D. F.-H.: Liebe Frau Heinz, es hat mir Freude gemacht Ihre Fragen zu beantworten. Ich hoffe, ich kann dem Leser etwas davon abgeben. Vielen Dank dafür.

 

Und ich möchte mich bei Dorothea Fischbeck-Horacek ebenfalls sehr bedanken: Für ihre Bereitschaft, über sich Auskunft zu geben. Für ihre schnelle und konstruktive Mitarbeit. Und für ihre große Geduld – aber die hat man wohl, wenn man viele kleine Perlchen auf Elfenflügel sticken kann ...

 

Auch für die Fotos herzlichen Dank an Frau Fischbeck-Horacek.

 

Neue Kreationen:

 

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Kontakt zur Künstlerin

 

Ausstellungstermine der Künstlerin:

es liegen im Moment keine Angaben vor

 

Ein weiteres lohnendes Portrait über Dorothea Fischbeck-Horacek ist in der Zeitschrift "verFilzt Und zugeNäht", Ausgabe 18 (Frühjahr 2008) erschienen:

 

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