Denise Lach: Schriftspiele
Beim Durchblättern des Buches merkt man es schon: Denise Lach muss es wirklich sehr viel Freude und Vergnügen bereitet haben, mit Schreibwerkzeugen und Schrift zu spielen. Denn ihre Umsetzungen fotografischer Sujets aus der Natur in sog. „Schriftbilder“ sind einfach faszinierend. Beim ersten unvoreingenommenen Blick nimmt man bei vielen ihrer Interpretationen überhaupt nicht wahr, dass ihnen graphischen Zeichen – Schriftzeichen – zugrunde gelegen haben könnten.
Die Autorin geht von Fotos aus der Natur aus, Fotos, die Strukturen wiedergeben. Genaues Beobachten und Hinsehen sind jetzt gefragt, um diese Strukturen zu finden. Dies können z.B. von Wellen geformte Sandstrukturen, Holzmaserungen, Gesteine, Rosenknospen oder Muscheln sein. Diese Strukturen setzt sie spielerisch mit Hilfe verschiedener Schreibwerkzeuge (die ebenfalls kurz vorgestellt werden) um, manchmal auch fort, wobei hier das Spiel mit den Schriftelementen beginnt.
Obwohl sich das 192 Seiten starke Buch mit Schreiben und Schriften beschäftigt, ist es dennoch kein Lehrbuch der Kalligraphie, der klassischen Schönschreibkunst. Vielmehr handelt es sich um experimentelle Kalligraphie; die Lesbarkeit ist nicht oberstes Prinzip, die Gestaltungsmöglichkeiten mit handgeschriebenen Schrifttexturen endlos, immer wieder überraschend, individuell, schöpferisch. Das Schöne ist, dass es bei dieser Herangehensweise außer Begeisterung und Freude kein weiteres Hintergrundwissen braucht, um mit Schriften zu spielen. Die Ergebnisse sehen auch nicht zwingend nach Schrift (im herkömmlichen Sinne) aus. Zwar arbeitet die Autorin überwiegend mit schwarz-weißen Schriftbildern, weil dies den besten visuellen Kontrast ergibt, jedoch ist keine lineare Anordnung erforderlich – es wird eine Fläche bewusst mit Elementen der Schrift gestaltet.
Was bringt dieses schöne und anregende Buch nun der Quilterin?
Aus denselben Quellen kann man auch schöpfen, um freie Quiltmuster zu entwickeln. Das Führen einer Feder oder eines Bleistiftes und das freie Führen einer Nähmaschinennadel sind durchaus ähnlich. Der Federstrich stellt sich jedoch anders dar als eine genähte Linie, so dass sich durch das Nähen wiederum interessante Veränderungen ergeben werden. Die Besonderheit, mit Elementen der Schrift zu arbeiten, führen wiederum gerade nicht zur schlichten Nachahmung einer Holzmaserung oder einer wenigstens ähnlichen Struktur, sondern zu höchst ungewöhnlichen Mustern. Auch in Fragen der Ausgewogenheit und der Gestaltung, der Komposition kann man lernen.
Was bringt dieses schöne und anregende Buch also der Quilterin?
Jede Menge Inspirationen und Ideen. Muster oder Strukturen der verarbeiteten Stoffe als Anregung begreifen und als Quilting umsetzen schult den Blick ebenso und könnte in einer Fortführung der Schriftspiele münden. Schaffen wir uns eigene Quilting-Schriften!
Denise Lach: Schriftspiele, Haupt Verlag, Bern 2009, ISBN: 978-3-258-07416-0, 29,90 EUR