Françoise Tellier-Loumagne: Inspirationen für Textildesign
Der
Name der Autorin und der Titel – sie üben auf mich schon allein jeder für sich
eine magische Anziehungskraft aus. Die Autorin steht durch ihre bisher
erschienenen Werke über Sticken, Stricken und Filzen für höchst ungewöhnliche
Ideen in Hülle und Fülle, Inspiration pur für kreative Textilschaffende. Und
dies nun erweitert auf das große Gebiet des Textildesigns!
Françoise Tellier-Loumagne, die über eine mehr als 30-jährige Unterrichtspraxis verfügt und darüber hinaus als Designerin und Künstlerin tätig ist, kommt es in erster Linie darauf an, kreative Prozesse zu initiieren. Recherchieren, experimentieren, Ergebnisse analysieren und sich für neue Lösungen wieder öffnen – das alles verbunden mit dem Eintauchen ins Intuitive und in die Freude an Materialien – man bemerkt leicht, wie komplex die Dinge sind, für die die Autorin zunächst und nicht unberechtigt den Titel „Jonglieren mit Ideen“ ins Auge gefasst hatte. Sie nimmt den Leser mit in das Labyrinth aus Überlegungen und Zwischenergebnissen, den ganzen Arbeitsprozess des Textildesigns.
368 Seiten umfasst dieses Werk und das Inhaltsverzeichnis ist eine schlüssige Abfolge der einzelnen Schritte. Jedoch ist es geradezu eine Empfehlung der Autorin, sich das auszuwählen, was im Moment von Interesse ist und so gewissermaßen mit dem „Jonglieren“ zu beginnen. Hervorragende Fotos, deutlich bis ins kleinste Detail, die die Autorin aufgenommen hat, laden zum Blättern und Entdecken ein. Hin und wieder liest man sich fest, fett gedruckte Begriffe ziehen den Blick an. Dies ist beabsichtigt, um den Leser anzuregen, sich Fragen zu stellen, um neue kreative Perspektiven zu öffnen.
Als Inspirationsquelle dienen der Autorin Steine. Sie sind anonym und belanglos, gleichzeitig jedoch einzigartig, sind zuerst und vor allem Materie und erst in zweiter Linie Form, können zurücktreten, sich ändern, Geschichte(n) erzählen. So betrachtet gewinnt die Autorin eine schier endlose Fülle an Inspirationen, die sie in Wort und Bild vorstellt. Es breitet sich ein wahrer Schatz an Ideen aus – ein Schlaraffenland, in dem allerdings gefordert wird, die Köstlichkeiten nicht nur zu konsumieren, sondern selbst aktiv zu werden: Man schnappe sich eine Idee, hinterfrage sie nach den verschiedensten Richtungen und entwickle daraus etwas Eigenes, Neues, das vielleicht im nächsten Projekt Verwendung findet oder auch archiviert wird, um später von Nutzen zu sein.
Design erfordert auch adäquate Materialien und Techniken. Zahlreiche Hinweise dazu sind über das ganze Buch verteilt eingestreut, aber auch hier gilt: Entsprechende Techniken zu erfinden und neu zu erfinden, ist ein Mittel, um sich auszudrücken. Als Beispiel betrachte man die Schieferplatten auf dem Cover: Es macht einen Unterschied, ob ein Stoff in unregelmäßige Falten gelegt und festgenäht wird oder ob man die Eigenschaft, nicht auszufransen, über die ein beschichtetes Material verfügt, ausnutzt, um die daraus in variierender Form und Größe ausgeschnittenen Stücke, verteilt auf einem Untergrund, nicht nur flach, sondern auch hochkant oder sogar verkantet mit Stichen zu fixieren.
Françoise Tellier-Loumagne ist damit wieder ein Buch der Bücher gelungen, eines das hinsichtlich Inhalt, Umfang und Aufmachung sehr angenehm aus dem üblichen Rahmen fällt. Bei jedem Durchblättern begibt man sich auf eine neue Entdeckungsreise durch das Labyrinth der Möglichkeiten: Impulse über Impulse, die eigene Ideen zünden, die nur darauf warten, umgesetzt zu werden. Ein Ariadne-Faden sei allerdings nur zum kreativen Sticheln empfohlen …
Françoise Tellier-Loumagne: Inspirationen für Textildesign, Haupt Verlag, Bern, Stuttgart, Wien 2010, ISBN 978-3-258-60017-8, 39,90 EUR
Zur Rezension der französischen Originalausgabe: Françoise Tellier-Loumagne: Broderies
Zur Rezension von Françoise Tellier-Loumagne: Textildesign Filzen