Cécile Trentini: Circonvolutions
Die Textilkünstlerin Cécile Trentini stellt in ihrem neuen Katalog ihre Quilt-Serie „Circonvolutions“ vor, Werke, die zwischen 2012 und 2016 entstanden sind. Sie basieren alle auf dem gleichen Prinzip. Inspiriert von einer Technik der französischen Surrealisten, der „écriture automatique" (automatisches Schreiben), könnte man diese Technik auch „automatisches Quilten" nennen: Mit der Nähmaschine zeichnen, ein spontanes intuitives Arbeiten, ohne Überlegungen, einfach dem Lauf der Nadel folgend, von spontanen Wirbeln und Zwirbeln hin zu organisierten parallelen Linien führend. So erklärt sich auch der Titel „Circonvolutions“, in dem die französischen Begriffe für „Kreise“ (cercles) und für „Spiralen / Wirbel“ (volutes) stecken und sich hier am besten durch das Wort „Mäander" übertragen lassen. Denn gleich einem Fluss, der seinem natürlichen Lauf in Windungen, Schlingen und Schleifen folgt, führt die Künstlerin ihren Stoff unter der Maschinennadel und erzeugt aus dem Bauch heraus verschiedene Anordnungen, Muster und Motive.
Cécile Trentini wäre aber nicht Cécile Trentini, wenn sie nicht auch ihrem eigenen Diktum folgen würde, das da lautet: „Spielregeln einhalten“. Zum Beispiel: „Nähen, bis die Unterfadenspule leer ist. Dann weiter mit einer neue Farbe.“ Mit der Definition von immer neuen Spielregeln, also mit der Beschränkung auf bestimmte, vorher festgelegte Mittel und Materialien, entdeckt sie einen großartigen Reichtum an Möglichkeiten und Varianten, an Strukturen und Linienführungen und kommt so zu immer wieder überraschenden Bildgestaltungen.
So erscheinen die ersten Quilts der Serie als noch mehr oder weniger zufällig, mit einer einzigen fortlaufenden Linie gefüllt, aber schon beim dritten Quilt werden Flächen abgegrenzt und mit Formen benäht oder später nur große schwungvolle Bewegungen ausgeführt, die beim Betrachter ein „leicht beschwipstes Schwindelgefühl“ auslösen. Je nach Spielregel entwickelt sich auf diese Weise die Serie der etwa rund einen Quadratmeter großen ersten zwölf Quilts. Ab einem gewissen Zeitpunkt sind die Arbeiten weniger intuitiv, sondern mit Überlegung gestaltet, wie z.B. „Polymer Adventure“, in dem die Flächen mit circonvolutions durch hundert Linien in jeweils 1 cm Abstand unterbrochen werden.
Davon unabhängig entstehen daneben noch die „Daily Circonvolutions“, zwölf streifenförmige Paneele über einen Zeitraum von 12 Monaten, bei denen am ersten Tag des Monats begonnen und die Arbeit am letzten Tag des Monats beendet wurde, bei völliger Freiheit in der Wahl der Farben, Linienführung und Motive.
Ab 2015 / 16 krönt Cécile Trentini ihre Serie abschließend mit mehrteiligen Gruppen, wobei nicht nur das Zusammenspiel und die Balance zwischen den Teilen eine große Rolle in der Komposition spielen, sondern sie auch wohlüberlegt wieder zu den reinen Formen – Linien und Kreise – zurückkehrt.
Die vierzig Seiten zeichnen wie in einem Tagebuch den Verlauf der Zeit und die Entstehung der Arbeiten nach. Sie sind der Beweis dafür, wie man, inspiriert durch eine „Zufallstechnik“, Selbstdisziplin und immer planvolleres Arbeiten zu überzeugenden Ergebnissen gelangt. Der Katalog regt dazu an, sich selbst einem Regelwerk zu stellen, von einfach bis kompliziert, immer wieder durch einen selbst abänder- und variierbar, um zu sehen, was passiert. Cécile Trentini hat es ganz eindeutig viel weiter gebracht.
Beim Festival of Quilts 2016 in Birmingham wird Cécile Trentini erstmals die komplette Serie „Circonvolutions“ präsentieren. Im von Robert Horn gut gestalteten Katalog ist jedes Werk der gesamten Serie als Ganzes abgebildet, dazu eine oder mehrere Detailaufnahmen. Die jedem Werk zu Grunde liegende Spielregel ist in wenigen Worten erläutert.
Cécile Trentini: Circonvolutions, Katalog
Format A4, 4/4-farbig, 40 Seiten, Softcover, 3-sprachig (Deutsch, Französisch, Englisch), 2016, ISBN: 978-3-033-05603-9, Preis: CHF 17.--
Zu bestellen über die Website der Künstlerin www.stoffwerke.ch