„Als ich noch keine Kinder hatte, waren Handtaschen meine Kinder,“ diesen Ausspruch einer Bekannten merkte ich mir, charakterisiert er doch, welche Bedeutung Taschen und andere modische Accessoires haben können. Neben dem praktischen Aspekt als Aufbewahrungsort für wichtige Dinge besitzen Taschen noch ein gewisses Extra: Als individuelles Ausdrucksmittel unterstreichen sie die persönliche Note – jedenfalls solche Taschen, wie sie Linda Tudor in ihrem Buch „Schick bestickt“ vorstellt: Kleine Kostbarkeiten in edlem Design, nicht für den alltäglichen Gebrauch gedacht, sondern als Hingucker bei besonderen Anlässen.
Zunächst skizziert die Autorin einen historischen Abriss, eine kurze Geschichte der bestickten Tasche, der die Leserin rund um die Welt führt und durch außergewöhnliche historische Beispiele illustriert ist – außerdem gedacht als Inspirationsquelle für das eigene Schaffen.
Das dritte Kapitel trägt den Titel „Nun kann es losgehen“ – Linda Tudor leitet die Leser Schritt für Schritt hin zum eigenen Design - hoch interessant, nicht nur für die Kreation von Taschen, sondern von Textilobjekten überhaupt - , wobei die Ausführungen reich mit Beispielen versehen sind. Weiter geht es mit der Umsetzung in die Praxis, wobei der gesamte Prozess, von der Inspiration bis zur Vollendung, dargestellt wird. Selbstverständlich wählt die Autorin als Einstiegsbeispiel eine relativ einfache Form, die Kuverttasche, die sich aber durch die Liebe zum Detail, besondere Verschlüsse oder durch die Wirkung von Kontrasten in Material und Farbe attraktiv gestalten lässt.
Falttaschen, die, im Gegensatz zur Kuverttasche, ein integriertes durchgängiges Futter haben können, sind Gegenstand des fünften Kapitels. Extravagant verzierte Stoffe werden für das Taschenäußere dabei lagenweise verwendet, so dass sich durch die Schichtung besondere Effekte erzielen lassen. Auch geht die Autorin auf eine weitere interessante Gestaltungsmöglichkeit ein: die Serienfertigung von Taschen. Hier wird der Bogen von der eigenen Designentwicklung hin zur Umsetzung gespannt. Eine Idee zu variieren, also eine Designquelle auszuschöpfen, erlaubt es, tiefer in die Thematik einzusteigen, besondere Elemente der Quelle herauszuarbeiten und dadurch einen persönlichen Stil zu entwickeln. Die Autorin veranschaulicht dies sehr gelungen: zunächst durch Blicke in ihr Skizzenbuch, das Thema „Meer“ lag zugrunde und lieferte Linda Tudor eine Menge Inspirationen, die sie gekonnt in eine Serie von vier einfallsreich ausgearbeiteten Täschchen umsetzte.
Weiter geht es mit Unterarmtaschen, Taschen mit Einsatz - ein Paradebeispiel dafür ist auf dem Buchtitel abgebildet -, Kordelzugtaschen sowie Schachteltaschen – eine schöner als die andere. Das zehnte und letzte Kapitel schließlich widmet sich den Grundlagen, d.h. den Erklärungen verschiedener Techniken wie z.B. das Kaschieren von unterschiedlich schweren Materialien, Herstellung von Henkeln sowie Verschlüssen und natürlich die verschiedenen Dekorelemente: Perlen, Pailletten, Quasten, Fransen, Stickstiche ... Abgerundet werden die insgesamt 128 Seiten mit der Angabe von Bezugsquellen, Literaturhinweisen, einem Index sowie einer Zusammenstellung von interessanten Sammlungen und Museen, allerdings vorrangig aus dem britischen Raum.
Das Buch zeichnet sich zunächst durch eine Fülle von originellen Taschenbeispielen aus, die meisterhaft fotografiert wurden. Zu jedem der vorgestellten Taschentypen gibt es eine ausführlich dargestellte Anleitung inklusive Materialangaben, nach der gearbeitet werden kann, die aber auch auf eigene Entwürfe anwendbar ist. Dieses Buch beinhaltet aber noch einen weiteren Aspekt von Taschen und Täschchen: Neuerdings werden Taschenunikate als Kunstobjekte entworfen und gearbeitet und von Interessenten auch gesammelt, was nach der Lektüre dieses lohnenswerten Buches durchaus nachzuvollziehen ist.
Linda Tudor: Schick bestickt – Anleitungen für kleine Taschen mit Stickdesign (Übersetzung der englischen Originalausgabe mit dem Titel „Embroidered Purses“), Haupt Verlag, Bern 2005, ISBN 3-258-06823-2, 23,50 EUR