Silke Bosbach: modernes shibori

 

Shibori – mit diesem japanischen Begriff werden besondere Reservefärbeverfahren bezeichnet, bei denen beispielsweise durch Nähen, Falten, Umwicklungen und Klammern Stoffstellen vor der Farbaufnahme bewahrt werden, wodurch sich nach dem anschließenden Färben faszinierende Muster auf diesen Stoffen erzielen lassen.

 

Dieses Grundprinzip kennen sicher viele unter den Termini „Abbindebatik“ (wobei dies, nebenbei bemerkt, eigentlich ein falscher Begriff ist, denn bei der Batik wird bekanntlich mit Wachsauftrag reserviert und dadurch Muster erzielt) oder auch „Plangi“. In verschiedenen Ländern der Erde werden Abbindetechniken angewandt und so verweist z.B. „Plangi“ auf den indonesischen Raum.

 

Viele Textilkünstler setzten sich mit Shibori und seinen diversen Spielarten auseinander, wie z.B. Janice Gunner, deren Buch „Shibori im Textildesign“ hier auch schon besprochen wurde. Aber es wurden und werden immer neue Materialien und Techniken entdeckt, aufgegriffen und im künstlerischen Schaffen abgewandelt und weiter entwickelt, um mit neuen Aussagen und Gestaltungsformen zu überraschen.

 

Dies tat auch Silke Bosbach, Textildesignerin und freischaffende Künstlerin. Sie setzt die grundlegenden Abbindetechniken ein, geht aber nicht unbedingt den Schritt zum Färben weiter, sondern erzielt schon damit ausdrucksvolle Strukturen dreidimensionaler Art, was z.B. die Abbildung auf dem Buchtitel, ein Detail einer Deko-Kugel, sehr schön belegt. Jedoch damit nicht genug, es kommen außerdem nicht nur textile Gründe, sondern auch Ausgangsmaterialien wie feine PVC-Folien oder Metallgewebe zum Einsatz. Auch die verwendeten Garne werden nicht unbedingt wieder gelöst und entfernt, sondern verbleiben bisweilen und erhöhen dadurch den Reiz der Strukturen und Oberflächengestaltungen. Die Gestaltung durch freie Enden eines zum Abbinden verwendeten Effektgarns mit zusätzlich eingebundenen kleinen Nägeln zählt zu den Highlights des 128 Seiten umfassenden Buches.

 

Nach einer kurzen allgemeinen Vorstellung von Materialien und Techniken widmet die Autorin jedem Projekt zwei Doppelseiten. Diese enthalten großformatige Farbfotos und Nahaufnahmen, detaillierte Materialangaben sowie die genaue und leicht verständliche Beschreibung der Arbeitsschritte. Weiterführende Tipps, etwa zu Variations-, Färbe- oder Verwendungsmöglichkeiten, sind an passender Stelle eingestreut.

 

Das Buch zeichnet sich durch eine geschmackvolle, sehr geschlossen wirkende Aufmachung aus, die in reizvollem Kontrast zu seinem doch experimentellen Inhalt steht. Farbtöne aus der Natur, wie (Woll-)weiß, Grautöne bis hin zu Schwarz, werden akzentuiert durch Gold, Silber und einige Farbtupfer z.B. aus der Skala der Beerenfarbtöne - abgerundet durch die Titel der einzelnen Objekte, die an der Fünf-Elemente-Lehre orientiert sind.

 

Die Autorin beweist mit diesem Buch, dass modernes Shibori nicht nur Designern und Künstlern vorbehalten ist. Jedem Interessierten mit etwas manuellem Geschick öffnet sie die Tür in eine faszinierende Welt der Strukturen. Da man sich dem hohen Aufforderungscharakter des Buches nur schwer entziehen kann, die Materialien leicht zu beschaffen oder bereits vorhanden sind, kann es eigentlich gleich losgehen mit dem Spiel der verschiedenen Möglichkeiten und den zahllosen Entdeckungen. Probieren wir’s aus!

 

 

Silke Bosbach: modernes shibori, Haupt Verlag, Bern, Stuttgart, Wien 2010, ISBN 978-3-258-60011-6, 24,90 EUR

 

 

zur Rezension von:

Silke Bosbach: Textile Schmuckgestaltung – 20 Projekte

Janice Gunner: Shibori im Textildesign

 

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